Rezension | Water & Air



Water & Air | Laura Kneidl | Carlsen | TB | 480 Seiten | 12,99€ | ✼✼✼ (✼)

Klappentext
Seit dem Anstieg der Meeresspiegel leben die Menschen in Kuppeln unter Wasser oder in der Luft. Mit ihren achtzehn Jahren hat Kenzie noch nie die Sonne gesehen und ihr Leben in der Wasserkolonie unterliegt strengen Normen. Schließlich hält sie es nicht mehr aus und flieht in eine Luftkolonie, um dort einen Neuanfang zu wagen. Doch dann wird sie zur Hauptverdächtigen in einer mysteriösen Mordserie und nur Callum mit dem geheimnisvollen Lächeln hält zu ihr. Aber nicht nur den beiden droht Gefahr, auch das Schicksal der gesamten Kolonie steht auf dem Spiel.


Meine Meinung:
Als ich von der Grundidee hinter Water & Air hörte, war ich hellauf begeistert. Ich liebe das Meer und so ein Leben in einer Kuppel auf dem Meeresgrund stellte ich mir schon ganz spannend vor. Tatsächlich fand ich die Idee hier auch gut umgesetzt. Als Kenzie in die Luftkolonie flieht, findet sie sich fast buchstäblich in einer völlig anderen Welt wieder und dass sich über die lange Zeit hier eine komplett andere Gesellschaft entwickelt hat, war für mich nur logisch und absolut nachvollziehbar.
Das Wasservolk lebt in einer fast schon sozialistischen Gesellschaft, die auch erstaunlich gut funktioniert. So gut wie alles basiert auf Geben und Nehmen und man sollte meinen, dass sich in dieser recht kleinen und gemütlichen Kolonie alle wohl fühlen müssten. Doch es gibt eine Sache, die v.a. Kenzie bitter aufstößt und das ist die Rolle der Frau. Zwar werden sie als Familienoberhaupt angesehen, müssen aber letztlich die klassische Frauenrolle übernehmen und zusätzlich wird vom Rat der Kolonie bestimmt, wie viele Kinder eine Frau bekommen muss. Egal, ob sie das will und/oder kann. Dies sind die beiden Gründe, weshalb Kenzie weg will, geradezu weg muss. Und so nutzt sie eine günstige Situation und flieht in eine der Luftkolonien. Diese hat eine Demokratie, mit gewähltem Rat. Doch schon bald zeigt sich, dass auch hier nicht alles 100% rund läuft.
Neben den Luft- und Wasserkolonien in ihren Kuppeln und Würfeln aus Glas und Stahl gibt es nur noch wenig verbliebenes Festland und dieses gilt als unbewohnbar. Aus diesem Grund werden dorthin von den Systemen als Verbrecher angesehene Leute verbannt, was im Prinzip einem Todesurteil gleich kommt.
Die Welt, die Laura Kneidl in Water & Air erschaffen hat, war für mich von Anfang an sehr interessant. Die Menschen haben den Planeten soweit zerstört, dass sie sich selbst als Gefangene nehmen müssen um überhaupt noch überleben zu können. Es gibt kein Papier mehr (außer in den raren und teuren alten Büchern), da es keine Bäume gibt und überhaupt ist das ganze Leben anders, als es bei uns der Fall ist. Leider muss ich sagen, dass mir eine ganze Stange im Bereich des Worldbuildings gefehlt hat. Auch, wenn die Ideen hinter der Dystopie sehr spannend klingen, so ist mir nach wie vor nicht klar, wie viele Alltäglichkeiten funktionieren und überhaupt wie es zu dieser Situation kam. Also ja, die Meeresspiegel sind gestiegen, aber wie kann dadurch das gesamte Süßwasser vernichtet worden sein? Immerhin gibt es riesige Seen, weit entfernt von Meeren die sie versalzen würden. Und unter der Annahme, dass es tatsächlich kein Süßwasser mehr auf der Erde gibt, woher nehmen die Kolonien ihr Wasser? Solche Dinge haben mir gefehlt und ich glaube, dass sich einige kleinere und größere logische Lücken geschlossen hätten, wäre die Welt mehr erarbeitet worden.
Auch die Charaktere waren für mich nicht  herausragend. Ja, ich mochte sie und man konnte sich ganz gut identifizieren, aber manchmal war es auch einfach dieses Gefühl, dass man als Leser genau wusste, dass dies oder jenes eine furchtbar schlechte Idee war, aber natürlich tun die Protas es trotzdem. Diese Naivität hat mich hin und wieder doch ziemlich gestört. Außerdem gibt es eine Figur (da es ein heftiger Spoiler wäre, nenne ich mal nicht ihren Namen...), die ich wirklich interessant fand und über die ich gerne einiges erfahren hätte. Wie ist sie zu dieser geworden? Was ist die Hintergrundgeschichte? Denn diese Figur bringt einen beträchtlichen Anteil in die Geschichte ein, ohne dass man sich lange gewiss sein kann, dass es diese ist. Deswegen finde ich so schade, dass der Charakter letztlich doch sehr eindimensional bleibt. Es ärgert mich immer ziemlich wenn Charaktere so handeln oder so sind, wie sie handeln/sind, weil das eben so ist und leider hatte ich genau das Gefühl hierbei...
Am besten an Water & Air haben mir zwei Dinge gefallen: Das eine ist der Schreibstil. Laura Kneidl hat einen sehr eigenen Humor an sich, häufig recht unterschwellig, den ich beim Lesen sehr gern mochte. Außerdem passen die Sprachcodes wirklich oft sehr gut zu den entsprechenden Charakteren und hin und wieder merkt man allein an der Rede, wer hier gerade agiert. Das fand ich sehr schön herausgearbeitet. Der zweite Punkt, den ich hier herausheben möchte, ist die Diversität. Sexualität spielt dabei ebenso eine Rolle, wie Rasse oder Krankheit. Ich finde diese Themen (v.a. auch in Medien wie Büchern) sehr wichtig und trotzdem nerven sie mich in selbigen in letzter Zeit häufig, weil sie übermäßig in den Fokus gerückt werden. Das ist hier nicht der Fall. Es wird mal angesprochen, wenn es passt und wenn es nicht passt eben nicht. Dafür gibt es ein großes Plus!
Fazit
Ich mochte Water & Air. Trotzdem wurden meine Erwartungen letztlich nicht völlig erfüllt. Ich hätte mir mehr Worldbuilding und auch besser ausgearbeitete Charaktere gewünscht. Ich kann mir vorstellen, dass das als Di- oder Trilogie besser funktioniert hätte... Trotzdem gibt es einige Punkte die mir sehr gut gefallen haben: Der Schreibstil der Autorin ist vielschichtig und gut zu lesen, es wird im angemessenen Rahmen auf Diversitätsthemen eingegangen und auch die Einarbeitung verschiedener Staatssysteme in Form der verschiedenen Kolonien hat mir gut gefallen. Dafür gibt es 3,5 Sterne.


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Vielen Dank an den Carlsen Verlag für dieses Rezensionsexemplar!

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